Was Empathie mit euren Conversion Rates zu tun hat

Text:

Nadine Stelzer

Lektorat:

Sabine Harnau ruht den Kopf auf den Händen und lächelt zufrieden. Sabine trägt einen Buzzcut, einen hellrosa Kurzarmpulli und Goldschmuck. Ein tätowierter Pfeil zeigt auf Sabines Unterarm nach oben. Der Amsterdamer Hauptbahnhof und der Fluss IJ glänzen im Hintergrund in der Sonne.
Sabine Harnau

Inhalt

    Als Texterin fühle ich mich nicht nur den Gedanken und dem Text gegenüber verpflichtet – sondern vor allem den Leser*innen, ihrer Neugierde und Offenheit. Das macht letztlich eine hohe Textqualität aus: die bestmögliche Resonanz zu erzeugen. (Quantität – möglichst viele Menschen zu erreichen – ist eher eine Frage der Marketingstrategie.)

    Diese Resonanz sehe ich als Ausdruck von Publikumsempathie. Sie ist spürbar, macht sich bei Lesenden bemerkbar. Und führt zu höheren Conversion Rates.

    Warum? Was hat Empathie mit der Größe und Aktivierung unserer Zielgruppe zu tun?

    Doch vorab eine Definition:

    Was heißt hier eigentlich „Conversion“?

    Conversion bedeutet „Verwandlung“, „Umwandlung“, „Gesinnungswandel“.

    Im Marketing bezieht sich der Begriff meistens auf die Verwandlung von stöbernden Menschen in Kundschaft.

    Bei From Scratch fassen wir den Begriff weiter: Es geht darum, dass Menschen ins Tun kommen. Wer „konvertiert“, handelt.

    Ja, das kann ein Kauf sein — oder auch die Anmeldung zu einem Newsletter, das Unterschreiben einer Petition oder die Teilnahme an einem kostenlosen Event.

    „Flächendeckende“ Texte sind weniger einfühlsam

    Ein häufiges, tragisches Missverständnis geht so:

    „Heißt empathisches Schreiben nicht, möglichst neutral zu bleiben und eine größere Bedürfnisfläche abzudecken? Wir möchten beim Verfassen unserer Texte davon ausgehen können, dass diese auch von allen zu 100 Prozent verstanden und angenommen werden. Das sind wir unserer Leserschaft doch schuldig, oder?“

    Dieses Missverständnis ist tragisch, weil es zu lebloser, klischeehafter Sprache führt. Trotz der Fotos, die Menschen zeigen, wirken die Texte gesichtslos. Der Text bleibt im wahrsten Sinne des Wortes tonlos, ohne Nuancen. Und das, obwohl sich Missverständnis-Anhänger*innen doch jede Mühe gegeben haben, zu berücksichtigen, was alle hören wollen.

    Genau an diesen Problemen lassen sich oft auch KI-erstellte Texte erkennen. Scheinbar ist das Missverständnis bei ChatGPT und Co weit verbreitet!

    Doch eine leblose Botschaft bleibt nicht im Gedächtnis. Sie verbreitet sich nicht. Und sie schadet euren Conversion Rates. Denn: Das Gesagte klingt vage und dadurch mutlos.

    Copyhackers-Gründerin Joanna Wiebe würde es so formulieren:

    „Vague is the enemy of conversion”. („Vage ist der Feind der Conversion“).

    Durch die Orientierung an zu vielen Stimmen fehlt die eigene – in der Fachsprache nennen wir das „Tone of Voice“ oder auch „Corporate Language“. Das macht die Ansprache mechanisch und nimmt ihr die Menschlichkeit.

    Oft sind es die Angst vor verlorenen Chancen und Verurteilung, das mangelnde Vertrauen in die eigene Sprache, die zu diesem Ergebnis führen. Letztlich wird niemand erreicht, Texte müssen neu überdacht, geplant und geschrieben werden.

    „Wir sind alle Individuen.“ – „Ich nicht!“

    Dieses Zitat aus dem Film Das Leben des Brian zeigt: Eigentlich gibt es diese viel zitierte „Masse” nicht. Selbst Zielgruppen und Personas sind letztlich unscharfe Annäherungen. Auch wenn Menschen tendenziell positiver auf ein bestimmtes Muster reagieren und sich Trends abzeichnen — sie sind doch immer noch Individuen mit einer einzigartigen Persönlichkeit.

    Ich bin mir sicher, dass unser Publikum weder als Masse angesprochen noch in den Einheitsbrei einer Mehrheit hineinmanipuliert werden möchte.

    Das heißt jedoch nicht, dass wir mit ethischem = empathischem Marketing kein breites Publikum finden können.

    Wie kann dein Text ganz empathisch mehr Individuen erreichen?

    Bei From Scratch verfolgen wir zwei Methoden, um bei eurem Publikum Resonanz zu finden. Welche am besten passt, hängt vor allem von der Reife und Größe eures Unternehmens ab.

    Nischenorientiertes Schreiben: Jeder Text hat genau eine Zielpersona

    Eine Lösung für große, länger bestehende Unternehmen ist das vor allem von Seth Godin propagierte nischenorientierte Schreiben. Auf der Suche nach dem kleinsten Kreis einer brauchbaren Zielgruppe („in search of the minimum viable audience”) richten wir uns gezielt an eine definierte, selbstverständlich immer teilweise fiktionale Wunschpersona. Der Text wird authentischer und organischer, wenn wir uns auf die Bedürfnisse einer Person konzentrieren, die stellvertretend für die Menschen steht, die wir ansprechen möchten.

    Je mehr diese Persona auf echter Kund*innenforschung beruht, umso empathischer können wir sie ansprechen. Und das zeigt sich vor allem in unserer Genauigkeit: kleine Details aus dem Alltag, ungewöhnliche Ausdrucksweisen, kulturelle Referenzen aus der Welt der Persona machen einen entscheidenden Unterschied.

    Schreiben in der eigenen Sprache: mit Selbstausdruck Gleichgesinnte anziehen

    Meine persönlich bevorzugte Methode steht ganz im Sinne der Entdeckung. Ich nenne sie selbstempathisches Schreiben mit Überraschungseffekt” oder „Schreiben in der eigenen Sprache”.

    Indem wir keine Bedürfnisse definieren, die wir unserem Text voranstellen, wagen wir uns mit einer Sprache nach vorne, die unseren Charakter widerspiegelt – und lassen uns überraschen, bei wem wir Anklang finden. Denn was für den literarischen oder dramatischen Text gilt, lässt sich auch auf die Sprache übertragen, mit der wir uns und unsere Produkte, unser Anliegen präsentieren. So richten wir uns an alle Individuen, die unsere Stimme hören möchten, an all diese unbekannten, nicht definierten und kategorisierten Adressat*innen, aus denen ein Publikum letztlich besteht. Wir geben dadurch nicht nur ihnen die nötige Empathie, sondern auch uns selbst und unserer Sache.

    Diese Herangehensweise eignet sich insbesondere dann, wenn wir

    • neu anfangen und uns noch auf der Suche nach den eigenen Fans befinden.
    • die Ränder des Mainstreams ausloten möchten, um uns neu zu erfinden oder herauszubekommen, bei wem die unverfälschte Stimme am besten landet (zum Beispiel als größere Firma, die noch keine Zielgruppe definiert hat).
    • uns in einem Text, der von einem bestimmten, namentlich genannten Teammitglied „geowned“ und vertreten wird, als authentische Persönlichkeit ausdrücken möchten.

    Letztendlich geben wir Menschen damit auch die Chance, uns nicht zu mögen. Unser Angebot (ob Text, Produkt oder Dienstleistung) darf für jemanden unwichtig und albern sein oder Ärger auslösen. Es gehört zum empathischen Texten dazu, unserem Publikum zuzugestehen, dass sie zu unserem Angebot Nein sagen.

    Es nicht allen recht machen zu wollen ist also sehr respektvoll unserem Publikum gegenüber. Und sind es nicht dieser Respekt, dieses aufrichtige Miteinander-In-Verbindung-Treten, die wir gerade dringend brauchen, um unsere Sache voranzubringen?